Inbound Marketing ist nicht der Heilsbringer, für den es viele halten

Inbound Marketing ist mittlerweile kein Buzzword mehr. Auch die B2B-Marketingwelt implementiert fleißig diese Werbestrategie. Doch insbesondere im B2B-Geschäft sollten Marketingleiter nicht alles auf die Inbound-Karte setzen – hier lesen Sie, warum.

Noch vor wenigen Jahren hätte ich über diese Überschrift selbst gelächelt. Schließlich habe ich mein Marketing-Handwerk bei einem jungen Unternehmen ohne große Budgets gelernt, wo Inbound Marketing, insbesondere Suchmaschinenoptimierung durch Content, unser wichtigster Marketingkanal war.

Doch nach mittlerweile sechs Jahren im Inbound-Geschäft kann ich auch viel über die Unzulänglichkeiten des Inbound Marketings erzählen. Nicht falsch verstehen, Inbound Marketing sollte heute ein veritables Standbein jeder B2B-Marketing-Strategie (hinter dem Link: ein Artikel mit Impulsen für Ihre Marketing-Strategie) sein. Aber eben nur eines, das andere ergänzen, aber niemals ganz ersetzen kann. Mein Vergangenheits-Ich verzeihe mir bitte trotzdem diesen Artikel.

Zunächst möchte ich Inbound Marketing in drei Sätzen erklären und dann mit einigen Irrtümern aufräumen. Also, was ist die Definition von Inbound Marketing? 

Inbound Marketing beschreibt die Marketing-Taktik, potentielle Kunden nicht durch Werbung auf ihren Wegen aufzuhalten, sondern quasi interessante Inhalte an ihrem Wegesrand auszulegen, sodass sie von alleine auf ein Unternehmen aufmerksam werden. Diese Contents werden so platziert, dass sie von Nutzern auf Informationssuche zum Beispiel über Suchmaschinen gefunden werden. Sie bieten in der Regel einen Mehrwehrt (z.B hilfreiche Informationen zu einem Themenkomplex) und inhaltliche Tiefe, sind also keine Produktbroschüren oder ähnliches.

In Abgrenzung dazu gibt es die Outbound-Taktik. Dabei werden Inhalte, egal ob Preisliste, Werbeslogan oder informatives Whitepaper, durch disruptive Werbung verbreitet (z.B. TV-Spots, die Sendungen unterbrechen oder Online-Banner, die beim Lesen von Artikeln stören sind).

Kommen wir zu den Irrtümern.

  1. Inbound Marketing ist nicht kostenlos

Mediale Reichweite ist teuer. Und was man da so manchmal “verpulvert”, ohne exakt zu wissen, welchen Effekt die Maßnahme hat, kann erschreckend sein. Deshalb ist die Vorstellung wunderschön, durch gute Google-Rankings und ein paar (kostenlosen) Postings auf Facebook und Xing die passenden Besucher von alleine auf seine B2B-Webseite  (hinter diesem Link: ein Whitepaper über die perfekte B2B-Vertriebswebseite) zu locken.

Heute sind diese Social Media-Kanäle mit Werbeinhalten jedoch erstens einigermaßen übervölkert. Zweitens wird bei Inbound Marketing fast immer mit mehr oder weniger gutem Content Marketing (hinter diesem Link: ein Whitepaper, dass den Nutzen und die optimale Umsetzung erklärt) gearbeitet. Das führt mittlerweile zum sogenannten Content Shock, weshalb Nutzer viele Postings instinktiv überlesen. Hinzu kommt drittens, dass sämtliche Social Media-Plattformen die kostenlose, organische Reichweite zugunsten ihres Werbegeschäfts massiv eingeschränkt haben.

Auch die B2B-Suchmaschinenoptimierung (hinter dem Link: Ein Whitepaper, dass alles aktuell Wissenswerte über SEO erklärt) wird schwieriger, da sowohl Suchmaschinen als auch Nutzer bezüglich der Webseiten-Inhalte und Technik immer anspruchsvoller werden. Der Weg in die oberen Rankings setzt zunächst den Willen einer gewissen Anfangsinvestition voraus. Und um diese Plätze

Fazit 1 zu Inbound Marketing: genaue Kalkulation nötig

Sowohl Media- als auch Personalkosten steigen, um in der Flut der digitalen Inhalte noch aufzufallen und potentielle B2B-Kunden per Inbound Marketing in sein Vertriebsnetz zu locken. Der Vergleich zum Outbound Marketing sollte also scharf kalkuliert werden, vor allem auf die mittlere bis lange Sicht.

2. Inbound Marketing funktioniert nur, wenn die ganze Firma mitmacht

Inbound Marketing basiert größtenteils auf Content Marketing. Doch im Content-Gewimmel aufzufallen, wird immer schwieriger. Am Ende gewinnen heute nur die Inhalte, die die Zielgruppe am besten ansprechen. Im B2B-Geschäft kann eine Marketingabteilungen diese Inhalte aber nie alleine erstellen.

Dabei sind Marketer dringend auf die Menschenkenntnisse des Vertriebs, die technischen Kenntnisse der Entwickler und Fertiger sowie die Branchenerfahrung des Managements angewiesen. Nur so wird der Inhalt vor allem für technische Zielgruppen glaubwürdig, nur so werden sie “inbound” früher oder später beim Vertrieb aufschlagen. Letzterer sollte natürlich auch bereit sein, die von Ihnen generierten Leads zügig zu bearbeiten. Nicht jeder B2B-Vertrieb (und nicht alle Produkte) sind dafür geeignet, kurzfristig auf unverhoffte Kundenanfragen zu reagieren.

In einem Unternehmen, in dem das Marketingteam aber hauptsächlich als Stichwortgeber für “kreative Ideen” und die Produktion von Broschüren vorgesehen ist, muss Inbound Marketing zwangsweise scheitern. Denn um dabei erfolgreich zu sein, müssen Marketer als Spielmacher auftreten und die Mitarbeit der anderen Fachabteilungen einfordern.

Fazit 2 zu Inbound Marketing: die One-(Wo)Man-Marketing-Show ist zum Scheitern verurteilt

Inbound Marketing ist zum Scheitern verurteilt, solange es nur ein Traum in den Köpfen der Marketingabteilung ist. Vor den großen Inbound-Investitionen empfiehlt es sich dringend, ein echtes Commitment anderer Fachabteilungen, vor allem aber der Geschäftsleitung einzuholen. Auf die Aussage “Ja machen Sie mal, und dann sehen wir nächstes Jahr, was es gebracht, aber einen aktiven Beitrag können wir nicht leisten” sollten Sie sich nicht abstützen.

3.Reines Inbound Marketing ist schwach bei Produkteinführungen und  Neupositionierungen

Betreibt man Inbound Marketing, muss man sich seine gut sichtbare Position zunächst mit viel Aufwand erkämpfen. Eine inhaltliche Neupositionierung gleicht dann der Kursänderung eines riesigen Containerschiffs: Sie erreicht die neue Zielposition nur sehr langsam und ist genauso langsam wieder zu korrigieren. Hier reden wir natürlich nicht von einem kosmetischen Markenrelaunch, sondern vom kompletten Umkrempeln eines Geschäftsfelds (Beispiel Mannesmann: Vom Rohr- und Maschinenbauer zum Telekomanbieter).

Schwer wird es vor allem dann, wenn Sie beispielsweise Ihre Domain bei Google mit einem bestimmten Thema gut positioniert haben. Deshalb lohnt sich der Gedanke, ob man für Inbound Marketing-Zwecke nicht eine thematische Nischen-Domain neben der übergreifenden Corporate-Webseite einrichtet.

Gleichsam wenig hilfreich ist Inbound Marketing, wenn es darum geht, ein Produkt mit Druck, Drall und Geschwindigkeit in den Markt zu drücken. Wird das Produkt auf einem umkämpften Markt positioniert, müssen sich die Inhalte auch erst an allen bestehenden Konkurrenten vorbeikämpfen – das dauert.

Soll das Produkt oder eine Technologie einen neuen Markt schaffen, ist Inbound Marketing ganz klar der falsche Weg. Denn um überhaupt erst wirksam zu sein, ist Inbound Marketing zwingend auf eine bestehende Nachfrage angewiesen. Die schaffen aber alleine Outbound-Maßnahmen wie klassische Werbung und PR in der Fachpresse (hinter dem Link: Ein Tutorial, wie man PR-Fachartikel richtig strukturiert und textet).

Fazit 3 zu Inbound Marketing: kein echtes Zugpferd

Immer dann, wenn ein Marketing-Schwerpunkt gebildet werden muss, ist die Inbound-Strategie nicht hilfreich. Fehlen in einem Team dann die Kompetenzen und Prozesse für Outbound Marketing, steht das Marketing unternehmensintern schnell blöd da.

Trotz allem: Jede gute Marketing-Strategie sollte Inbound-Taktiken implementieren

Das klang jetzt alles ziemlich negativ. Doch dieser Rant richtet sich ja nicht gegen Inbound Marketing an sich, sondern gegen den blinden Glauben, ein 100-prozentiger Switch dorthin würde jede Anforderung an das B2B-Marketing besser und günstiger bewerkstelligen. Doch wozu taugt Inbound Marketing dann? Bleiben wir metaphorisch bei den Pferden:

Wie gesagt, Inbound Marketing kann nie wirklich das Zugpferd der Marktbearbeitung sein – ergo die Rennpferde im obigen Bild, die unglaublich schnell eine Runde galoppieren und danach beinahe zusammenbrechen. Diese teuren Sprinter symbolisieren eher die Outbound-Taktik. Aber fragen Sie sich selbst: Wie oft kommt ein Produktmanager oder Vertriebsleiter kurzfristig auf Sie zu mit der Frage “Habt ihr noch eine kurzfristige Idee, wie wir Umsatz X erreichen können?” Für diese Momente, aber auch großangelegte Go-to-Markets, brauchen Sie genau so einen Sprinter parat im Stall.

Den Beitrag des Inbound Marketing kann man besser mit einer Transportkutsche mit mehreren Gespannen vergleichen. Die ist zwar nicht sonderlich schnell und wendig, liefert aber ausdauernden Nachschub. Wenn eine Ihrer Kennzahlen beispielsweise die Anzahl generierter Leads ist, werden Inbound-Taktiken einen steten Strom an Kontakten liefern. Inbound-Nutzer, die über ein spezielles Thema auf Ihre Webseite kamen, sind meiner Erfahrung nach eher bereit, Kontaktdaten zu hinterlassen.

Eine optimale B2B-Marketing-Abteilung wäre budgetär, personell und strategisch also bestenfalls hybrid aufgestellt: Outbound Marketing für schnelle Umsätze, B2B-Markenaufbau (hinter diesem Link: unsere passende Produktseite) und die Erschließung neuer Märkte, Inbound Marketing für die ausdauernde B2B-Leadgenerierung (hinter dem Link: Ein Artikel mit allem Wissenswerten zur Leadgenerierung, insbesondere bezüglich der DSGVO) und den Datenschutz-konformem Aufbau eines Marketing-Verteilers.

Falls Sie jetzt Lust haben, ein paar Inbound-Taktiken näher kennenzulernen haben wir ein Whitepaper für Sie. Es geht inbesondere auf B2B-Bedürfnisse ein und verquickt, dem Artikel hier folgend, Outbound- und Inbound-Taktiken. >> Zum Whitepaper Inbound Marketing

Daniel Furth

Daniel Furth ist seit 2013 im digitalen Marketing unterwegs und hat im Studium als Reporter gearbeitet. Heute verbindet er die Leidenschaft für gute Inhalte und digitales Marketing bei Vogel Business Media und ist stets auf der Suche nach Beispielen für gutes Industriemarketing.

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