Es muss nicht immer Blockchain sein

Experten diskutierten Chancen und Risiken digitalisierter Logistik

Köln – Die Blockchain macht aktuell auch in der Logistik von sich reden. Schließlich birgt sie enormes Potenzial, um Lieferketten effizienter und sicherer zu organisieren. Doch Vorsicht: Die Blockchain ist nicht für jedes Szenario das Mittel der Wahl. Auf der diesjährigen Vision.Logistik, der gemeinsamen Veranstaltung von TH Köln, HERZIG Marketing und der IHK Köln, zeigten Experten Chancen, Grenzen und Risiken der Zukunftstechnologie auf – und stießen damit auf reges Interesse.

„Ist die Blockchain die Revolution der Supply Chain?“, mit dieser Frage eröffnete Moderator Werner Geilenkirchen von HERZIG Marketing die Veranstaltung am 20. Oktober. Eine Frage, die bereits im Vorfeld auf reges Interesse stieß und dem Event einen neuen Teilnehmerrekord einbrachte: Mehr als 250 Vertreter aus Unternehmen, Fachverbänden und Wissenschaft waren der Einladung nach Köln gefolgt. Ihr Ziel: Mehr über die Zukunftstechnologie zu erfahren.
Eine gute Entscheidung, fand Frank Bolten von der Hamburger CHAINSTEP GmbH: „Man sollte frühzeitig Verständnis für das Thema entwickeln, um anschließend fundiert über mögliche Einsatzszenarien entscheiden zu können“, empfahl der Unternehmensberater. Noch gebe es für die Supply Chain erst wenige Anwendungsfälle, dafür aber umso mehr Fragen zu klären. „Trotzdem steht fest: Die Blockchain wird die Logistikbranche in den kommenden Jahren verändern“, so der Experte.

Auch Dr. Daniel Burgwinkel von GUARDTIME warnte die Teilnehmer vor überzogenem Aktionismus: „Die Blockchain Technologie ist bereits sinnvoll, wenn an die Supply Chain außergewöhnlich hohe Sicherheitsanforderungen gestellt wird, beispielsweise bei Cyberrisiken im militärischen Einsatz oder zum Schutz vor Produktfälschungen in der High-Tech Industrie“, unterstrich der Schweizer Wirtschaftsingenieur. Für den breiten Einsatz in der Logistikbranche müssen entsprechende Branchenlösungen entwickelt und Betriebsmodelle definiert werden: „Die Blockchain Technologie kann viel zur Sicherheit und Effizienz beitragen, aber Technologie alleine ist kein Allheilmittel. Die Logistikbranche muss jetzt aktiv werden, um Konsortien zu bilden und entsprechende Lösungen zu entwickeln“, betonte er. Die ersten Projekte sind bereits operativ und zeigen, wie die Supply Chain Herausforderungen mit Blockchains schneller und besser bewältigt werden können.

Die Diskussionsrunde mit Dr. Ulrich Franke, Leiter, Institute for Supply Chain Security GmbH, Andreas J Schindler, Director Ideation, Innovation & Technology Foresight, Merck, Frank Bolten, CHAINSTEP GmbH, Dr. Daniel Burgwinkel, Guardtime und Stephan Wiefling, Data & Application Security Group , TH Köln war sich einig, mittelfristig wird die Branche nicht daran vorbeikommen, Supply Chain Prozesse mit Hilfe dieser dezentralen digitalen Informationsketten effizienter zu machen. Nach ihrer festen Überzeugung ist die Blockchain ein adäquates Werkzeug, um sowohl Informationen als auch physische Produkte vor Manipulationen, Datenklau und Cyberkriminellen zu schützen. Andreas Schindler sah die Entwicklung schon recht weit und verwies auf positive Beispiele in der Pharmalogistik, Dr. Franke und Stephan Wiefling sahen, zumindest noch derzeit, Anwendungsvorteile für bewährte dezentrale IT-Strukturen.
Prof. Michael Lorth, TH Köln, fasste die Meinungen in seinem Resümee zusammen und sagte: „Die Blockchain ist nicht Revolution, sondern Evolution der Supply Chain!“. Dieser Aussage schlossen sich die Zuhörer bei der abschließenden interaktiven Online Befragung an, rund zwei Drittel wollen das Thema Blockchain in Zukunft verstärkt in den eigenen Fokus rücken.

Blockchain
Blockchain ist eine dezentrale Datenbanktechnologie, die auf einer (virtuellen) Kette einzelner Transaktionsblöcke basiert. Jeder neue Block wird mithilfe spezialisierter Algorithmen mit dem vorherigen Block verbunden und verifiziert, verschlüsselt und versiegelt. Damit sind die in den Blöcken enthaltenen Informationen ebenso wie die gesamte Prozesshistorie unveränderlich und – im Falle öffentlicher Blockchains, wie zum Beispiel dem Bitcoin – für jeden einsehbar. Lösungen für den Unternehmenseinsatz setzen eher auf branchenübergreifende Blockchains bei denen die Daten im Unternehmen bleiben und in der Blockchain nur kryptographische Hashwerte gespeichert werden.
Interessant für die Logistik ist in diesem Zusammenhang die Nutzung von „Smart Contracts“, hierbei handelt es sich um Verträge die als Computer lesbarer Algorithmus formuliert werden. Solche Daten müssen sicher und selbst bei einem Ausfall einzelner Rechner jederzeit verfügbar sein, hier bietet sich die Blockchain-Technologie an.

Über die Vision.Logistik.
Mit dem Konzept „Networking. Spannende Vorträge. Und Ihre Meinung zur Zukunft der Logistik.“ startete im Oktober 2015 die gemeinsam von der Industrie- und Handelskammer zu Köln, der TH Köln und der Fachberatung für die Logistikbranche, HERZIG Marketing Kommunikation GmbH, ins Leben gerufene Veranstaltungsplattform VISION.LOGISTIK.
Im Fokus steht der fachliche und persönliche Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Interessenvertretungen, Kammern, Verbänden und Gebietskörperschaften. Die Veranstaltungsreihe will Potenziale für die strategische Weiterentwicklung der Logistikbranche aufzeigen.

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Im Bild:
Die Blockchain-Experten der Vision.Logistik.3
Von links: Werner Geilenkirchen, Andreas Schindler, Dr. Daniel Burgwinkel, Dr. Ulrich Franke, Frank Bolten, Stephan Wiefling, Prof. Michael Lorth.

Bildquelle: HERZIG Marketing für Logistik, Köln